334-Manische_Grinsekatzen

vor wenigen tagen holte ich wieder den kuli-nachschub für kommenden sommer. ich war auf der jobmesse der uni wien. verfolgt wird man dort von heftchen, die unverschämt manisch grinsende erfolgreiche junge mädels und jungen herzeigen, von denen ganz offenbar jeder ein gewinner sein wird. keine gewinner ohne loser, sage ich immer. begegnen mir doch in der sozialberatung auch g’standene fertige akademiker mit berufspraxis, die in den besten erwerbsjahren keine folgearbeit mehr finden können.
hiervon handelt auch ein buch mit dem titel ‘mit 45plus zum job’ oder so. was sehen wir auf diesem? besterhaltene enddreißiger, frech direkt aus dem retortenkatalog importiert. dass das buch betroffene nur zu zynismus und daraus resultierender melancholie motivieren kann, versteht sich in diesem zusammenhang freilich von selbst. sehr ähnelt jenes titelbild übrigens den propagierten silver agers, ihres zeichens höchstpensionisten, die trotzdem schon mit mitte 50 ins gebenedeite frühe ausgedinge geschickt wurden. ein weiterer medial verbreiteter zynismus hängt diesbezüglich auch in der luft: die mär vom pensionsschock nämlich. so mancher arbeitssuchende würde sich doch so einen scheißschock nur wünschen. wenigstens die pense und dafür keine schikanen, hat er doch gerade eben ein beispielloses altersmobbing durchgedrückt in seiner letzten firma.
zurück zu den manischen silver agers. sie sind früh ins ausgedinge gegangen. sie sind besterhalten. sie haben eine höchstepension, vielleicht waren sie ja pragmatisiert, irgendwo. sie sind zu zweit, sie sind zusammen, haben ein großes haus mit garten im grünen und nie eine ehekrise gehabt. vier mal im jahr können sie jetzt auf urlaub fahren, die vorbildhaften erfolgskinder sind ja aus dem größten raus und großzügig mit akademischen graden, jobs und obdach versorgt. unsere manischen silver agers haben die schönsten zähne der welt. im maul jedes dieser 2 abgebildeten gereiften individuen steckt in wahrheit der wert eines kleinwagens. jeder frühpensionist hat ein auto im gierigen maul. sie haben enorm angst, dass man ihnen jetzt noch was wegnehmen könnte. und sie glauben, wir kleinen arbeitenden würmer würden jedes jahr eine fette gehaltserhöhung kriegen und uns mit jeder jobveränderung hinaufverbessern. hier besteht erhöhter aufklärungsbedarf. mein kleines geschichtchen soll hierzu ein förderlicher beitrag sein.
doch bewegen wir uns nun weiter in der welt verachtender zynismen gegenüber hilflosen und ausgelieferten menschlein. das folgende grinsekatzenbeispiel bezieht sich auf eine marionette. manche kennen vielleicht das kinderspielzeug, wo eine puppe von unten mit gummizügen steif und stehend gehalten wird. drückt man aber am kleinen podest von unten auf die bodenplatte, dann lockert man die gummifäden und die puppe fällt förmlich in sich zusammen. man lässt die platte wieder los, spannt damit den gummi: die puppe steht. so ein spielzeug – in lebender darstellung – hat sich eine berufliche rehabilitations-einrichtung zunutze gemacht. eine frau steht am podest und lässt traurig arme und kopf hängen. dann wacht sie plötzlich auf und – als hätte man ihr addrenalin in alle nur denkbaren körperöffnungen injiziert – hupft das pippihendi manisch in die luft. das ist es, wie sich die reha einrichtung das wiederherstellen von menschen vorstellt, damit sie am markt weiter funktionieren. wann immer ich in berührung mit leuten aus diesem beruflichen kontext komm’, weise ich auf den menschenverachtenden charakter jenes werbespots hin. und immer bekomme ich beifall und applaus darauf: die schiere zustimmung. keinem gefällt der spot. und sie spielen ihn ab: immer und immer wieder! so eine ausgeburt an geschmacklosigkeit, ja an menschenverachtung. /540w_pixabayGraphicus