327-Geh_Klau(t)

eine deutsche medizinerin erzählt in einem vortrag, wie sie anfangs die idiomatische wendung, es würden die bürgersteige hochgeklappt, wörtlich genommen hatte. sie sei beim hotelfenster gestanden und hätte auf die angegebene stunde gewartet, doch es tat sich dann nichts. nun jedoch wird in einigen städten diese idiomatische wendung schleichend zur sprichwörtlich beklemmenden wahrheit. Am 27. mai berichtet hr lobe in der wienerzeitung s.35 etwa von kuala lumpur, dass gehwege einfach nimmer konzipiert seien. gerade jene stadt, in der ich nach durchwachter flughafennacht anno 1994 verzweifelt meine jugendherberge gesucht hatte und von dort nur den nächsten bahnhof ansteuerte. ich war frisch erstmals in asien angekommen und beendete meine flugkarriere ja 7 jahre darauf endgültig.
den weg zum bahnhof schaffte ich nur dank eines blinden. wir mussten wo die straße überqueren und ich nahm ihn zur hand, vorschützend, dass man uns doch überqueren ließe. es ist mir bis heute nicht gelungen, aus dem unbekannten blinden fußgänger rauszubekommen, ob er da wirklich drüber wollte. damals schon, vor immerhin 23 jahren, gabs bereits nur mehr einen weit entfernten fußgänger-übergang nah des (schönen) bahnhofs wohl, der den ausländern signalisierte ‘followme’ dieses followme schild war unter reisenden bekannt. man musste mit der kirche ums kreuz, dass man dort überqueren konnte. und heute sind diese exponierten skywalks an einigen stellen gang und gäbe in KL. das sind aber wahnsinnig beengende röhren, wo die fußgänger wie vieh nur in einer dünnen bahn durchgeschleust werden.
mit flanieren hat all dies nix mehr zu tun: sie werden bestenfalls noch als lästig empfunden. es gibt einen cartoon, in welchem der zeichner alle wege, die für fußgänger in einer normalen stadt noch vorhanden sind, oben sichtbar macht, während alles, was den autos zur verfügung steht, schluchten sind, in rund 10 metern tiefe. da hst du dünne bürgersteige entlang der hausmauern, und ab und an ein zebrastreifchen, das dich überqueren lässt. es bleibt zu sagen, dass auch die versammlungs und damit demo-freiheit bei derlei konzeptionen außer acht gelassen wird. ein lichtblick sind die begegnungszonen, in denen fußgängern autofahrern zwar theoretisch gleichgestellt sind, taxis sich aber dennoch aufführen wie die kaiser der straße und radfahrrowdys wie auf der mahü rücksichtslos weit mehr als die erlaubte schrittgeschwindigkeit fahren. in diesem zusammenhang muss ich bedauernswerterweise hinzufügen, dass im verkehr verunglückte radfahrer meine empathie höchstens in einer kaum merkbaren weise bewegen. /379w2105_pixabayUnsplash