339-Ver_Arbeit’n

heute wird eine zynische, halbseitige werbe-einschaltung aus der presse interpretiert. es geht hier um die geforderte flexibilität von arbeitnehmern, die man uns als freiere zeiteinteilung verkaufen wird. die interpretation besteht aus 10 elementen und findet daher in 10 punkten statt.

  • Fair. dieses neue flexibilität wird dem arbeiter also als fair verkauft. in wahrheit hat er ja keine hand drüber, wann die 12 stunden-tage fällig werden. er ist ausgeliefert. mitnichten ist die neue flexibilität dem arbeiter gegenüber fair. sie richtet sich ja nach bedarf und laune des chefs.
  • Arbeiten. ja, arbeiten arbeiten arbeiten. ohne fixe dienstpläne. nicht wissen woran man ist. morgens in die maloche nicht wissend wann man nachhause kommt, obwohl man für nachmittag-abends eigentlich ein treffen mit kumpels anberaumt hätte.
  • flexibel. flexibilität ausschließlich im sinn des bosses. er allein kann und wird entscheiden, wann du nachhause gehen darfst. wenn du nach elfeinhalb stunden nimmer kannst, bist eben nicht belastbar. kannst dir ja was andres suchen. es warten 186 konkurrenten auf deine maloche.
  • sicher. nix: rein garnix ist sicher. eher das gegenteil ist der fall. je mehr du dich reinkniest, desto mehr bist am end der g’fyckte. du kannst genauso gegangen werden und stellst am ende mit erstaunen fest, es sind immer die deppen, die ihre maloche behalten. jene, die mit- oder vorausdenken, sind unbequem und werden hinauskomplimentiert.
  • gemeinsam. ja weil wir sind alle eine große familie. draußen hast du keine mehr. oder vielleicht hast noch eine, aber was freunde, freundinnen, blinddates, liebesdinge oder gruppentreffen angeht, da bist mehr einsam als gemeinsam, wennst laufend deine termine spontan absagen musst, ausgeliefert wies’t bist.
  • nicht mehr arbeiten wie bisher, nur wenns arbeit gibt. habts ein produktionsloch, baust minuszeit auf. die bedroht dich wie ein damoklesschwert. denn fällt der kollege aus, kannst jederzeit wieder unvorbereitet zu deinen zwölf zwangsstunden herbeigezogen werden. oder da ist die tür.
  • längere freizeitblöcke
  • wieder gefahren, minuszeit aufzubauen, hockst zhaus. spontan – nun keiner mit demst wasx unternehmen kannst, weil ja alle in ihren 9-5 jobs hocken. was tust: saufen, tv-gucken. viel hast von deiner freizeit, wenn die family in büro/schule ist.

  • sicheres einkommen
  • ein sehr relativer begriff. denn wenn du glaubst, durch diese geiselhafte, ja sklavenartig anmutende anbiederung deinen platz zu behalten, droht bitteres erwachen. die kriterien sind nämlich längst andere.

  • arbeitsplätze sichern. auch hier verglaubst du dich. denn der boss wird nach wie vor seine belegschaft nach pragmatisch-ökonomischen gesichtspunkten planen. für ihn bist und bleibst du nur ein bauer am schachfeld. behalten wird er grad die dummen. denn mit denen kann er schlittenfahren, sie denken ja nicht selbständig.
  • höhnisch grinst ein schaukelndes klettergarten-bobo-kind im oberen eck des halbseiten-inserats. das kind wird sich wundern, wenn es nimmer weiß – kommt der papa heute, ist er übermüdet und aggressiv, oder liegt der papa heute den ganzen tag zuhause, weils in der firma keine arbeit gibt und er minuszeit aufbaut oder überhaupt um seinen platz bangen muss. lang wird das kind nicht so glücklich sein, wie es da dargestellt ist. /483w geralt

338-Parkinöser_Schluckspecht

ende letzter woche hatte ich ja die gemeinsame gartentour beschrieben. Es war schon meine zweite. Hier trafen sich ein paar, teils etwas sonderbar anmutende individuen, zu größten teilen aus dem ein oder andren gemeindebau. Und wir fuhren gemeinsam gärten anschauen. Wir waren also für vier stunden eine reisegesellschaft, die letzte stunde verbrachten wir gemeinsam im letzten besuchten garten. Es ist recht wichtig, wenn man hinkommt, dass man gleich abcheckt, wie die leute gewickelt sind und – selbst wenn das mühsam anmutet – man möge sich auch tunlichst ein wenig im smalltalk einbringen, denn man wird ja vier stunden gemeinsam durch die stadt reisen. Gott bewahr, es setzt sich da ein ungustl neben mich, oder eine meterbreite ungusteline. Wir hatten eine solche an bord, muss ich dazu gestehen. Referiert aber wird hier über den parkinösen schluckspecht.
Er war schon da, als ich ankam. Er hatte ein bva kapperl auf und war zweifelsohne unbestreitbar schon im pensionsalter. Dieser mann muss wohl beim bund beschäftigt gewesen sein. Sein bva kappl war vorn eingedepscht. Die eindepschung galt wohl für sein gesamtes gehirn. Denn es begab sich folgendes. Er dürfte (hoffnungslos single und leider notgeil) die gesamte reisegesellschaft von rund 30 leuten abgecheckt haben nach der noch weitgehend vertretbar jüngst-attraktiven. Diese wahl muss wohl, angesichts der sonderlichkeit von uns allen, doch noch auf mich gefallen sein. Aber so sehr war mir das garnicht aufgefallen. Doch wir landeten ja in ROBINS NEST. Zuvor genau beschrieben. Da sind die leute so auf steige raufgeklettert, ziemlich gefährlich. Ich musste mich da aber anschließen, denn es war teil der tour und ich konnte mir den rundgang in der idealen gstättn nicht entgehen lassen. Jetzt pflanzte sich der desaströse schluckspecht direkt vor mir am steilen weg auf, so dass man links und rechts nur abrutschen/abstürzen konnte. Um weiterzugehen, musste ich an ihm vorbei, er bewegte sich keinen schritt. Er ging auch nicht nach vor. Um fallhöhe zu verringern, musste ich mich noch dazu ein bissl bücken, an seiner seite vorbei: der seite von dem notgeilen schluckspecht, dem notgeilen einsamen pensionisten-A*hole. Hat dieses oide biest doch die frechheit, während ich da so an ihm vorüber krieche, seine hand auf mein breitseite zu legen! Also auf den rücken, aber eigentlich an der seite, quasi unter der brust! Und was soll ich da tun? Zeugen gibt’s keine, wir waren nachzügler!
Ihn runterstoßen? Steh ich wegen fremdgefährdung da. Was blieb mir über? Eher zu leise sagte ich ‘nicht angreifen’. Dann huschte ich vorbei, schleunigst anschluss an die gruppe vorn suchend. Während des gesamten ausflugs suchte er ständig meine nähe, immer wieder mit gestohlenen gesprächsfetzen einen konversationsfaden aufsuchend. Den ich entweder völlig ignorierte, oder mit einer lapidaren meldung vom tisch stieß. Am ende waren wir im verbleibe- konversations- und feiergarten. Es war sein garten: er war dort zhaus, offenbar. Da ich eine der letzten war, die ging, musste ich dem A*hole auch noch coram publico die hand artig zum abschied geben. Und ich konnte mich nicht wehren. Denn als spinnerin wäre ich dagestanden. Das ist so ne grausliche art, sich so ausgenutzt, betatscht, gedemütigt zu fühlen. Einmal mehr reagiere ich mich schriftlich ab, und verleihe dem alten notgeilen A*hole mit der eingedepschten saturiertheitskappe den titel ‘parkinöser schluckspecht’. Auf dass er nie wieder eine frau berühren möge, schon garnicht gegen ihren willen in einer unausweichlichen situation. /547w_

337-I_Saw_The_Queen

Anlässlich eines geburtstags will ich wieder auf meine reihe ‘begegnungen mit prominenten’ zurückgreifen, denn U.Bock hat heute ihren 75. geburtstag. Die begegnung fand statt ende 2009, zur zeit der uni-brennt-aktion. Selbige hatte mir nämlich unter anderem sogar eine seltene begegnung mit menasse beschert; heute aber soll es um ute bock gehen. Wir waren nicht an der alten uni, denn es haben auch an der technischen uni wirklich bezaubernde veranstaltungen stattgefunden.
Menasse und bock traten sogar hintereinander auf. Ich hatte mir drei fragen an sie vorgenommen, die mich immer schon interessiert hatten: zwei davon weiß ich noch. Spendet haselsteiner noch, oder war das nur ein gag während eines seiner wahlkämpfe? Ja, er spendet noch.
Meine zweite frage war (2009): was macht ein asylwerber, dessen antrag abgelehnt wird. Auch dies beantwortete mir frau bock kundig – ich werde freilich nicht so blöd sein, diese interimslösung öffi zu posten.
Zu abschluss dieses kleinen begegnungsberichtes bleibt es nicht aus, dass ich als ökonomin eine bin, die kurz’ens betrachtung der asylpolitik gutheißt. Auch wenn seine härter werdende strategie immer wieder die feine englische art wird, doch auch unser verteidigungsminister lenkt ja in diese richtung ein.
In diesem sinn: auch wenn wir nicht in allem einer meinung sind: happy birthday, frau bock und team.
Wir hatten an der TU für das bockprojekt gesammelt, dieses geld gaben wir ihr am ende und allein, ohne begleitschutz ging diese wackere frau – vor acht jahren noch gut zu fuß – nach hause. Für mich hatte frau bock an jenem abend die erhabene noblesse einer queen, versteckt jedoch in einer so liebenswürdig authentisch-kauzigen art. im bockprojekt gibt’s auch deutschlehrer. Das schülermaterial (dieser begriff ist schulischer fachjargon) ist in seiner qualitativen aufstellung hinterfragungswürdig, aber der zulauf immens. Ich glaube, dass die deutschlehrer dort inhaltlich und quantitativ überfordert sind. Aber selbstverständlich ziehe ich den hut vor jedem, der dies ehrenamtlich tut. Als ich selbst einschlägige kenntnisse in der branche sammelte, konnte ichs im rahmen des integrationsfonds tun – die aber haben alles. Superräume und ausstattung. Kleine, überschaubare gruppen und eine generelle kursdauer von 8 einheiten, was die angelegenheit auch für (teils berufstätige) ehrenamtliche planbar macht./ pic prawnyPixabay

336-Again_Garten_Tour

Gartentour_im_Gemeinschaftsbus und schon sind wir mit der gartentour in der nächsten saison – in zwei monaten jährt sich ja schließlich bereits der relaunch meiner 15 jahre alten website! es gab sie wieder: wieder eine gartentour. unvergessen wird auf ewig für mich sein: ROBINS NEST. hier googletechnisch umbenannt. ich mag garnicht so gern, dass man es findet. es ist ein paradies für 6-14jährige, doch auch wir – viele davon langjährig pensionisten – kraxelten auf einer kunstgstättn die steilsten abhänge hinauf. ein durchgang war so eng, dass ich kaum glaubte, alle würden da durch passen. aber wir mussten. es war teil des rundgangs in robins nest. robin betreut diese stätte für kinder. er wirkt selbst wie ein kind und hat einen knuffigen pagenkopf, so wie robin aus der nette-leit-show (welcher ja in wahrheit oliver heißt).
einen super garten gab es dann auch noch in döbling zu bewundern, die kahlenbergerstr. hinauf. hier fotografierte mich der mitgekommene fotograf am gästebuchtisch. ich weiß aber nicht, wie ich an dieses foto kommen soll. zum abschluss fuhren wir zum gemeinschaftsgartenhernals. dort gabs labung und ein bisschen konversation. von jenem ort aus fuhren wir dann individuell nachhause, ich nahm die S45. nicht zu vergessen übrigens – der mauerseglervortrag von martin P im wertheimsteinpark. ein unvergessliches erlebnis, welches ich im september gerne wiederholen möchte. foto von pixabay jill111.

335-Sonnen_Lose_Zeit

im märz war das glaub ich, da gab es ein sprachen speed dating in einer unweit gelegenen vhs. zwei überaus engagierte frauen haben sich enorm viel mühe gegeben, das alles perfekt herzurichten, mit getränken, keksen obst. wir hatten eine spanisch native speakerin, einen arabisch speaker. wenig italienisch oder französisch. das sprachniveau der leute, wie üblich – minder; und fast alle hockten in überbordend anmutenden menschentrauben um den englisch- und den deutsch tisch rum. nichtsdestotrotz schaffte ichs, wieder einmal sehr ‘wölfin’, auch kurz mal allein am englischtisch zu sitzen. ach mein gott, wie gibts denn sowas schon wieder! faszinierend an dem abend war für mich: ich durfte einerseits mit 2 personen daten tauschen und sah zwei andre wichtige personen aus meiner vergangenheit. die soni (name geändert) kannte ich vom sprachencafe der station wien. ein für mich unaushaltbarer ort, wo auf engem raum die leute einander überschreien. schön, wenn sie in dieser kakophonie sprachen lernen können: ich kanns nicht. aber soni schlägt sich da tapfer. falls ich überhaupt noch ein vorbild haben kann – im linguistischen bereich ist sie das. auch albert (name authentisch) war da. viele jahre, bevor ich ‘rot’ wurde, war albert schon grün geworden. albert und ich hatten einst sogar die gleiche freizeitrunde frequentiert. auch das verlief sich. so wichtige leute. die soni und der albert. beide lieb ich sie auf ihre art, auf meine art. ich sagte es ihnen: dass das ein gipfeltreffen sei, dass albert auf soni trifft. (beide eidesstattlich gebunden). am ende der veranstaltung löste es sich dahingehend auf, dass ich einer handvoll der teilnehmer die straßenbahn station zeigen und sie verabschieden durfte. weil das ist dort nicht so leicht zu finden. ja und heute wäre wieder so ein tag gewesen. ein sprachspeed-tag. aber ich hatte mich nicht angemeldet, weil ich meinte, mein vorab-termin sei so lange, dass sich das nicht ausginge. eigentlich hätte ich dran arbeiten sollen. ich hätte diese gesamte veranstaltung retten können. und das wäre so gegangen. ich kontaktier meine zwei neukontakte (arabisch/französisch) und die soni und den albert. dann wären wir fünf gewesen. und sonst hätt ich halt auf meine bescheidne art wind für diesen event gemacht. auf diesem klitzekleinen seitchen, unter anderem. was tu ich oasch? nix tu ich. und wiege mich im gefühl, es tät sich alles von selbst regeln.
die rechnung für meine lahme art erhielt ich heut. eile vom vortermin direkt zur vhs. lauter deutsch-lerner gehen zu der zeit da hinein. die ganze vhs ist ja nur noch für deutsch-lerner da. als gäbs keine andren sprachen auf dieser welt und vor allem keinen, der sie lernen will. mir schwant böses. sentimental rausche ich zum räumchen, wo wir einst so viel spaß hatten. wir vielen, wir polyglotten. auch in diesem räumchen einer dieser deutschkurse. nix für uns. nix für uns polyglotte, schräge ösis, nix. naja und dann frag ich noch proforma, was denn aus der VA geworden wär: abgesagt – zuwenig teilnehmer. ich fühl mich jetzt sehr schuld dran. nicht die hundstage sind schuld. die wölfin is’ schuld. schade. umsomehr zehr ich von jenem tag den wir hatten – danke soni danke albert. /509w_creditfreeEclipse_byBIRIpixabay.

334-Manische_Grinsekatzen

vor wenigen tagen holte ich wieder den kuli-nachschub für kommenden sommer. ich war auf der jobmesse der uni wien. verfolgt wird man dort von heftchen, die unverschämt manisch grinsende erfolgreiche junge mädels und jungen herzeigen, von denen ganz offenbar jeder ein gewinner sein wird. keine gewinner ohne loser, sage ich immer. begegnen mir doch in der sozialberatung auch g’standene fertige akademiker mit berufspraxis, die in den besten erwerbsjahren keine folgearbeit mehr finden können.
hiervon handelt auch ein buch mit dem titel ‘mit 45plus zum job’ oder so. was sehen wir auf diesem? besterhaltene enddreißiger, frech direkt aus dem retortenkatalog importiert. dass das buch betroffene nur zu zynismus und daraus resultierender melancholie motivieren kann, versteht sich in diesem zusammenhang freilich von selbst. sehr ähnelt jenes titelbild übrigens den propagierten silver agers, ihres zeichens höchstpensionisten, die trotzdem schon mit mitte 50 ins gebenedeite frühe ausgedinge geschickt wurden. ein weiterer medial verbreiteter zynismus hängt diesbezüglich auch in der luft: die mär vom pensionsschock nämlich. so mancher arbeitssuchende würde sich doch so einen scheißschock nur wünschen. wenigstens die pense und dafür keine schikanen, hat er doch gerade eben ein beispielloses altersmobbing durchgedrückt in seiner letzten firma.
zurück zu den manischen silver agers. sie sind früh ins ausgedinge gegangen. sie sind besterhalten. sie haben eine höchstepension, vielleicht waren sie ja pragmatisiert, irgendwo. sie sind zu zweit, sie sind zusammen, haben ein großes haus mit garten im grünen und nie eine ehekrise gehabt. vier mal im jahr können sie jetzt auf urlaub fahren, die vorbildhaften erfolgskinder sind ja aus dem größten raus und großzügig mit akademischen graden, jobs und obdach versorgt. unsere manischen silver agers haben die schönsten zähne der welt. im maul jedes dieser 2 abgebildeten gereiften individuen steckt in wahrheit der wert eines kleinwagens. jeder frühpensionist hat ein auto im gierigen maul. sie haben enorm angst, dass man ihnen jetzt noch was wegnehmen könnte. und sie glauben, wir kleinen arbeitenden würmer würden jedes jahr eine fette gehaltserhöhung kriegen und uns mit jeder jobveränderung hinaufverbessern. hier besteht erhöhter aufklärungsbedarf. mein kleines geschichtchen soll hierzu ein förderlicher beitrag sein.
doch bewegen wir uns nun weiter in der welt verachtender zynismen gegenüber hilflosen und ausgelieferten menschlein. das folgende grinsekatzenbeispiel bezieht sich auf eine marionette. manche kennen vielleicht das kinderspielzeug, wo eine puppe von unten mit gummizügen steif und stehend gehalten wird. drückt man aber am kleinen podest von unten auf die bodenplatte, dann lockert man die gummifäden und die puppe fällt förmlich in sich zusammen. man lässt die platte wieder los, spannt damit den gummi: die puppe steht. so ein spielzeug – in lebender darstellung – hat sich eine berufliche rehabilitations-einrichtung zunutze gemacht. eine frau steht am podest und lässt traurig arme und kopf hängen. dann wacht sie plötzlich auf und – als hätte man ihr addrenalin in alle nur denkbaren körperöffnungen injiziert – hupft das pippihendi manisch in die luft. das ist es, wie sich die reha einrichtung das wiederherstellen von menschen vorstellt, damit sie am markt weiter funktionieren. wann immer ich in berührung mit leuten aus diesem beruflichen kontext komm’, weise ich auf den menschenverachtenden charakter jenes werbespots hin. und immer bekomme ich beifall und applaus darauf: die schiere zustimmung. keinem gefällt der spot. und sie spielen ihn ab: immer und immer wieder! so eine ausgeburt an geschmacklosigkeit, ja an menschenverachtung. /540w_pixabayGraphicus

333-Mein_Halbes_Leben

Ich sprech selten über gesehene filme – diesmal aber doch, weil die website meinhalbesleben.com von marko doringer ja noch aktiv sein dürfte. Marko ist freier filmregisseur, thom ist manager in bulgarien, und katha ist modedesignerin. Im lauf des films braucht marko ein teures zahnimplantat und muss dafür zu seinen eltern gehen: mit dreißig jahren. Dies noch nicht demütigung genug, nimmt ihn sein strenger vater ins kreuzverhör, wie es denn weitergehen möge. Er schleppt ihn sogar zu seinem stammtisch, wo ein paar – zwischenzeitlich teils pensionierte – machatscheks stehen und über marko genaugenommen ein schiedsgericht abhalten. Wie erniedrigend ist das denn alles jetzt, bitte! Dem nicht genug – mit beim stehtisch steht auch ne erfolgreiche tochter, einst schaufensterdekorateurin, dann aber in die schützenden arme eines ministeriums geflüchtet. Knapp 10 jahre ist der film alt. Oh wie beneiden wir nun alle stocksteif-beamten, die wissen, wie ihr leben in weiteren 10, 20, 30 jahren ausschauen wird. Wenn sie familie tun, gehen sie teilzeit – kein problem. Wenn sie karriere machen wollen, sitzen sie sich geruhsam nach oben: weitgehend kampflos. Wie es früher eben war.
Manager thomas hingegen, war nach seinen 2 studien nur 1x angestellt und wurde gefeuert. Verzweifelt klopfte er an markos tür. Marko hatte keine zeit für ihn: er musste grad film-schneiden. Thomas also in der ersten richtigen lebenskrise und freund marko weist ihn ab. Wenige jahre später leitet manager thomas mit traum-einkommen ein riesenbüro in sofija und fliegt jede woche zu seiner funktionierenden familie nach hause. Ich will bei allen vier (marko thom kathi martin) wissen: wie geht’s ihnen heute?
Dies lässt sich weitgehend absehen bei kathi (name geändert): ihres zeichens perfektionistische modedesignerin mit ersten anzeichen gesundheitlicher folgen. Sie hat aber einen solidarischen traumpartner – attraktiv auch noch. Unversehens bekommt sie ein baby. Man sieht beide mit dem baby im arm im abspann des films. Hier ist abzusehen, dass das kind nun die volksschule beendet. Vielleicht kam ein zweites dazu. Wie es mit dem label weiter verlief, müsste ich noch im internet recherchieren. Vermutlich die einzige, die sich weitgehend im internet recherchieren ließe.
Wir gehen über zu sportredakteur martin (war glaub ich, sein name). Megajob mit 15 gehältern. Angekommen. Erfolgreich, anerkannt, saturiert, gelangweilt. Mit seiner partnerin beschließt er, alles hinzuschmeißen und nach südafrika zu ziehen: er will schriftsteller werden. Bei ihm vermute ich, dass er zwischenzeitlich in der realität angekommen sein mag. Oh, das wär’ zu interessant zu wissen, WIE ging das weiter.
Schließen wir den erzählkreis nun wieder zum regisseur marko selbst. Seine mutter sinniert: diese freiheiten, die die jungen heute haben – oh die hätten wir auch gerne gehabt. Nur ist mein eindruck in dem film: mit der harten realität – abgesehen jetzt von ehe/familie – der harten, prekären hire/fire arbeitswelt draußen, war diese dame nie konfrontiert. Die elterngeneration glaubt, wir hätten so viele freiheiten. Die hatten aber nur die studenten ab den 68ern, bis knapp bevor das unselige bachelor-system einzug hielt. Also sagen wir daumen mal pi – wer zwischen 1970 und 1990 studierte, der hatte noch die freiheiten, teils sogar ohne akademischen abschluss seinen weg im leben zu finden. Die heutigen jungen, speziell die nullerkinder ( * 2000 ff. =millenials), die haben zu funktionieren, spitzenstudien abzulegen und sich dann auf ungewisse zeit ins prekariat zu geben. Kein job oder wohnung ist ihnen mehr sicher, weil ja das einkommen laufend in frage steht und vom nächsten projekt abhängt. Das ist ungefähr so wie eine nie endende jobagentur-abhängigkeit: jederzeit kann launisch der geldhahn abgedreht werden, woraufhin wie die faust aufs aug der wohnungsverlust droht: für eine gemeindewohnung ists kaum mehr möglich, auf die warteliste zu kommen. Jobs werden seit 2011 zum KV-ersten-berufsjahr angeboten, weils immer andre gibt, dies billig tun. Gesellen mit LAP arbeiten zum lohn ungelernter, oder eben gar nicht. Traurige wahrheit: aus erster hand erfahren. /607w

332-Patricks_Café

Patricks cafe hat mich sogar mal ganz kurz und klein ins fernsehen gebracht. Ich war grad zufällig dort Mittagessen und atv drehte seine zweiteilige serie über wiener kaffeehäuser. Unglaublich oft wurde primär der zweite teil dieser serie ausgestrahlt. Denn ich saß in der herzlosen nichtraucherkoje in patricks cafe. Man hatte dort als nichtraucher nämlich kein leiberl. Eine schwingende glastür gabs zum raucherabteil und die schnepfenhaften serviererinnen ließen diese tür ostentativ offen und maulten, wenn man sie entschieden schloss. Ich und ein älterer stammbesucher mit kleinem hund taten dies nämlich.
Im fernsehbeitrag wurde der blutjunge, höchst kommunikative sohn des besitzers mehrfach interviewt. Es wurde gezeigt, wie er mit den stammtischgästen scherzt und lacht. Und zwar sowohl an der bar – im hauptraum=raucherbereich, wie auch am tisch der witwen – gleichfalls im gastlich-herrschaftlichen raucherbereich. Bezeichnend für jenes cafe waren seine haarscharf an den grenzen des guten geschmacks entlang schrammenden marionetten, andersartigen puppen und püppchen, kasperlefiguren und porzellantiere – darunter der unvermeidlich brüllende leopard. Man konnte diese elemente als grauenhaft-gruslig oder auch als eigenwillig pittoresk empfinden. Für mich traf, glaub ich, zweiteres zu.
Leider wurde es in jenem zwischenkobel, der für uns arme, übergangene nichtraucherleins herzlos zur verfügung gestellt worden war, immer bedauernswerter. Außer der kaum sich umwälzenden luft zwischen zwei rauch-haupträumen fand nämlich so gut wie kein luftaustausch statt. Es war traurig da drin und ich war dann irgendwann dort auch nimmer zu sehen, zumal das Mittagessen ja nicht gerade ein besonders billiges war.

Nun gehe ich kürzlich an patricks cafe vorbei und sehe, außen prangt ‚neuübernahme’. Das erscheint mir unglaublich sonderbar, hat es sich doch dort ganz offenbar um einen familienbetrieb mit interner generationsweitergabe gehandelt. Also, wer gibt denn so was auf, in gottesnamen! Ich dachte mir ‚gehst rein und fragst an der stinki-raucherbar, wo denn nun der charmante patrick hin sein und warum dies alles.’ Wachs ich also da rein und sitzen zwei bis drei apathisch vor sich hin stierende trankler an einem Sonntag Vormittag an der bar. hinter der bar nicht auch nur der leiseste tau irgendeines menschen: eines kundigen, eines bedienenden oder sonst was. Was ist denn das jetzt für ein planet bitte. Eher fluchtartig schleiche ich nach vor, durch den luftgestauchten nichtraucherkobel zum andren hauptausgang hinüber und verlasse diese unendlich elende wüste, die wie nach dem einschlag einer neutronenbombe anmutet. Alle rumhängenden püppchen, marionetten, porzellantiere – alles wurde mitgenommen. Wo ist nun mein patrick. Welche witwen bezaubert er nun. Warum lief er weg? Ich habs gehasst, ich war eh nie mehr dort und jetzt trauere ich um den ort. Aber es gibt eine dokumentation, die ihn aufzeigt, wie er einmal gewesen ist und da war ich dabei. /437w

331-Nie_Vergessen

Als wölfin glaub ich nicht, dass ich der mensch bin, mit dem man einfach so aus heiterem himmel ins gespräch kommt. Überhaupt reagier ich ja schwerhörig, wenn man von mir in einem lauten ambiente einen smalltalk haben will. Warum denn auch sich so viel antun – schmerzhaft – für dermaßen sinnfreies geschwätz! und gerade deswegen bleiben mir die wenigen anekdoten, in denen mir einfach so aus heiterem himmel durchaus wichtige dinge mitgeteilt wurden – von vorher und auch nachher komplett unbekannten personen.

  • in jener zeit, als ich noch bahn fahre, lande ich eines schönen tages unversehens in kainisch. vom bahnhof aus bin ich per rad unterwegs zu einem see. Es spricht mich ein älterer herr aus der schweiz an, der kurioserweise mit seiner gattin unterwegs ist. Wie geht DAS denn? Na jedenfalls sagt er mir aus heiterem himmel „nun wissen sie, jetzt bin ich pensioniert, in der schweiz und ich habe durch meine wertpapiere zu der pension dazu ein höheres einkommen, als ich es in der schweiz als arbeitender mensch hatte“. Schön für ihn, denk ich mir dazu. Dies geschah in den 90er jahren – lang bevor überhaupt auch nur eine krise am horizont erkennbar war. Im sinne der ökonomischen gerechtigkeit bleibt uns heute armen leuten zu hoffen, dass der vom glück gebenedeite zwischenzeitlich entweder von uns gegangen ist oder in einem heim vor sich hin darbt. Weil gegen soviel saturierten wohlstand bin ich als oame oaweiterin ein bisschen allergisch. Ich nahms aber gelassen, damals. Der untergang dieser welt war einst ja noch nicht abzusehen gewesen.
  • vor 5 jahren war ich zufällig die veterinär-uni am tag der offenen tür besuchen. Ich wollte mir im vet-shop einfach nur was zum trinken kaufen und flott weiterlaufen. Da fängt doch der shop-inhaber mir im zuge des verkaufens eines blöden wassers die geschichte des shops zu erzählen an und seinen ganzen bezug dazu. Ich frage mich bis heute, warum. Mich berührte das damals einfach. Ich fand es bewegend, wie der mit seinem shop mitlebt. Er erzählte, wie zu anfang des semesters alle begeistert dort gummistiefel kaufen. What the fyck, ich wollte doch afoch nur a wasser, bittescheen! Aber auch hier nahm ich stoisch, freundlich gelassen. Zwischenzeitlich wurde sein von ihm so geliebtes geschäft innerhalb des hauses um ein paar meter verlegt, da raum für die kinder-auffang-stätte benötigt wurde. Wie mag er dies wohl verkraftet haben. Ich geh davon aus, er ist zwischenzeitlich verdientermaßen in pension. Die begeisterung jenes mannes berührt mich bis heute sehr.
  • Jährlich hab ich kalenderjagd bis tief in den sommer hinein. Erst vorgestern kaufte ich mir um je einen euro einen conceptum und einen moleskine fürs laufende jahr. Das gehört bei mir dazu – dieses hobby kostet weniger als einen lauen kaffee. Und so gabs anfang 2011 rote riesenkalender beim nanu-nana shop. Ich packte mir so einen. waren zu anfang des jahres immer noch vergleichsweise teure 5 euro. Und es geschah eine begegnung wie sie sonst nie geschieht. kalenderjägerin trifft auf kalenderjäger. Ein ziemlich alter herr, der offenbar aus deutschland war. Wir fingen an, in höchsten tönen von haptisch geilen kalender-editionen zu schwärmen. Auch er hatte die gattin dabei. Warum tun die das? Nun erzählte mir der alte mann stolz, er hätte noch kalender aus dem „soundsovielten“ reich. Auch hier reagierte ich stoisch, freundlich gelassen. Nichts konnte mich schocken, garnix. Der mann liebte schließlich kalender genauso leidenschaftlich wie (m)ich. Am ende sagte er zu mir „ich werde Sie nie vergessen“. Genau dadurch vergaß auch ich ihn bis heute nie. Es ist 6.5 jahre her, vielleicht ist der mann schon verstorben. Ich glaubs fast nicht.
  • in floridsdorf steig ich aus der schnellbahn. Erneut ein älterer, kommunikativer herr, der mich anspricht. Aus dem nichts heraus erzählt er mir, wie er und genossen einst als gewerkschafter für arbeitnehmerrechte gekämpft haben. Als er mir dies erzählt, berührt es mich innerlich ungefähr so, wie wenn in china ein sack reis umfällt. Später erst wird mir die bedeutung seiner worte gewahr: viele jahre später nämlich. heute, wo die arbeitnehmerrechte erneut mit füßen getreten werden. alle errungenschaften sind dahingerafft. jene aber, die einst dafür gekämpft hatten, sind alle noch gnädig mit der frühpension ins froh-saturierte ausgedinge gesandt worden. und wir jungen, die wir auch schon alt sind, dürfen nun in der prekarität ums nackte überleben kämpfen, teils nicht mal mit einem dach überm kopf. seine worte waren weise und wahr. Auch sie bewegen mich bis heute zutiefst.