79-Der_Syrische_Abschied

dank meines deutsch-für-ausländer gelangte ich in eine gruppe hochgebildeter syrer, fast ausschließlich männlich. die haben wöchentliche treffen. für mich sind lange sitzungen immer sehr sehr anstrengend und vom gesundheitsstandpunkt eigentlich garnimmer nachbar (stichwort vollenase). ich war trotzdem auf zweier derer sitzungen. sie sprachen fast nur arabisch. mir wars wichtig, deren ansinnen hinsichtlich studienfortsetzung ein gewisses maß an österreichischem realitätssinn und feedback hinzuzufügen. als mittelsmann fungiert/e A*, der das alles organisiert. er war immer sehr froh, mich dabei zu haben, war ich doch der/die einzige ösi. die einzige, die da kein arabisch verstand. und das waren viele leute. viele viele. 60 werden’s schon gewesen sein. es war recht anstrengend. vor jedem treffen mussten wir tische-schieben, was laut und chaotisch, jedoch nicht hektisch passiert. hat aber zur folge dass man gute 3 hrs fit sein muss. was ich nicht kann. definitiv kann ich nicht 3 stunden ein fähnchen hochhalten. ist nicht mehr in meiner sphäre.
meine liebe gruppe sprach davon, dass es ne website geben würde. bei der zweiten meiner zwei anwesenheiten bemühte ich mich, den webmaster zu sprechen. der eröffnete mir, er macht’s mit wordpress und in 4-5 monaten hätte man da was. die domain sei ja schon reserviert. als guter ösi mit deutschem pünktlichkeitssinn und chronischem torpedo im gesäß fiel ich aus allen wolken. wie kann was 5 monate dauern, was ich dümmster-anzunehmender-user in einer halben nacht förmlich aus dem boden gestampft habe…!!(??!!!) :-\ geht garnicht, einfach garnicht. ließ ich mir aber nicht anmerken.
diese begegnungen verlangten immer beiden seiten viel toleranz ab. und da war ich froh drüber. das ist der reiz. bei einem high-level gespräch mit A und seinem assistenten S erklärte ich etwa, was die anforderungen für eine mindestsicherung sind. dass die mindestsicherung keine scholarship wäre, kein zugestandenes stipendium. sondern dass sie auf basis der arbeitsfähigkeit und -willigkeit basiert, unter deren knute hunderttausende ösis bibbern und zittern. irgendwie wird das alles überhört. aber nun gabs ja keine seite. also machte ich ihnen eine. ein kleines weblog auf einem gratis-anbieter ohne werbung. da schreibe ich jetzt. ich lud A mehrfach ein, sich dort einzutragen. stattdessen beendete er die korrespondenz mit mir: er antwortete nimmer. in meiner langeweile stellte ich gesetzestexte zur mindestsicherung rein. versteht eh keiner. das meist im blog schreib ich englisch. es sind tolle infos zum überleben drin, asylwesen, wohnungssicherheit. es war ein syrischer ausflug – und damit ein syrischer abschied. ich kann die leute nicht in ihren tagträumen hängen lassen. denn das hat zur folge, was wir alle befürchten, nämlich ein energiedrall, ausgelöst durch enorme frustration, die früher oder später unvermeidlich ist./427w492 photo credit: ilf_ 2007-10-16_12-45-59 via photopin (license)