114-Linguistische_Abfuhr

wenn und vor allem wie der sprachtausch endet. man lernt sein leben lang sprachen, hört mit gestiegenem alter auf zu reisen und schwört sich, man würde die sprachen fortan im eignen land durch native speaker üben. in zeitungen inserierende wollen geld. bei der quantität an sprachen kontere ich jedoch mit deutschunterricht. dabei unterläuft mir so manch bizarres missgeschick.
der türke: nachdem mein bester lehrer sich mehr um die familie kümmern musste und eh fließend deutsch sprach, suchte ich einen nachfolger. wochenlang taten wir rum wegen eines treffens. endlich wärs so weit gewesen, ne stunde davor sagt er lapidar via sms ab, er würde sich heute lieber mit seinen freunden treffen. ich reagiere garnicht drauf. das ist das beste, was man tun kann. nichtsdestotrotz hat er die frechheit, weiter nach einem termin zu fragen. ich reagier wieder nicht und er kapiert.
der spanier: ein erasmus, der raucht. ich muss ihn während des rauchens vom tisch wegschicken, wiewohl wir open air sitzen. er versteht dies nicht und es kommt nie wieder zu einem treffen. er war ja eh zu jung.
der franzose. ein echter und nicht mit dem starken afrofranzösischen akzent. sondern ein franzose, der wirklich in frankreich aufwuchs und ein waschechtes sarkozy-französisch spricht. ein leises, unaufdringliches – perfekt, wie musik. aber oh wunder, tausende sprechen auf den an. ich bin die vierte die anfragt. mit dreien trifft er sich schon. ich hab da keine chance mehr. aber er sagt höflich ab. ein eleganter mensch eben – doch außerhalb der reichweite.
die asiatische, attraktive ami-englischfrau. das klassische karrierebesessene university girl. und ich treff sie ausgerechnet nach meinem beruflich härtesten tiefschlag. sie hört sich das geduldig an, auch mein appaling-english. ich kapier, dass sie mich nie mehr treffen will. ne hipster-göre wie sie will nur erfolgsmenschen treffen. es verirrt sich noch ein sms von ihr an mich, das sie versehentlich dem falschen empfänger schickte. eine letzte unbeabsichtigte watsche also. go to hell, thats all i can say.
russkij: 2 leute. erst ein mann, dann eine frau. beide putinversteher. einer will geld. und folgestunden ausmachen. und dass ich seine restaurant rechnung bezahle. ich die ich selber prekär bin. draussen will er sitzen, wiewohl drin rauchverbot herrscht. draußen zieht der rauch der nebentische zu mir. nur asthmatiker können dies nachvollziehen. ich beende die kollaboration. bekomme aber noch jahrelang putinverstehende videos aus youtube nachgeschickt, dass es stalking gleichkommt. ja und dann die reiche ex-bankerin aus russland. sie redet mich jedesmal auf russisch in grund und boden. ich sitze schmähstad da und nicke freundlich. auch als sie ihre putinverstehenden phrasen drischt. ich stelle in paar fragen. nach chodorkowskij zum beispiel. und vielem anderen. das wird ihr unangenehm. sie sagt das vierte treffen ab. um sich daraufhin nie wieder zu melden. derzeit also kein russischtausch. weil ich unangenehme fragen stellte. zum deutschreden kamen wir kaum. also hatte sie ja auch nix davon.
fazit: man lernt sich krumm und blöd, um am ende festzustellen, es gibt keine tauglichen natives. was macht man: dvds kaufen und die einschlägigen sprachspuren hören. nur robin williams wird in englischem original gehört. denn ihn zu synchronisieren, käme blasphemie gleich./512w