285-Gründo_Manie

Es ist ja schier unverantwortlich, mit welch manischer impertinenz den arbeitsuchenden nahegelegt wird, ihre eigene kleine firma zu gründen. Ich war da etwa mal in einer fortbildung und dort hatte man einer frau ein ‚gründen’ aufgeschwatzt. Dann plapperte sie so rum, was sie so macht und am ende sagte sie ‚und dann gründe ich’. Sie sagte dies in verzückt und gleichzeitig schüchternen ton, als würde sie ihr großes Fest ankündigen. Sie hat einen finanzplan und einen business plan aufzustellen; für 3 jahre wird sie von der einkommensteuer geschont. Dann aber muss sie durch ihr viertes jahr kommen und es folgt der hammer wegen der einkommensteuer. Ihre eigene versicherung muss sie bei der sva zahlen: die amici-delle-sva sind bereits hier im blog erwähnt (suchfunktion: amici). Diese blöde sva kann einem wirklich die luft zum atmen nehmen. Sie ist der preis für die vermeintliche ‚freiheit’. Also entweder man ist damit SEHR teuer (therapeut) oder man kann etwas, das wirklich sehr gesucht ist (SAP, datawarehouse, basel III u.v.a.).
Es gibt dann diese netten kreativen gründer-houses, das sind so offices wo die leute dann drin sitzen, jeder hat sich seine koje gemietet und betreibt dort sein geschäft. Alles sind sie kreative und sie haben eine gemeinschaftsküche. Oft aber sitzen sie da drinnen als latente konkurrenten. Wenn sich diese jungen dann doch auch irgendwie doch (auch) in eine prekäre abhängigkeit begeben, dann sind sie jobhopper. Sie vergessen aber, dass sie ab einem gewissen alter nimmer andocken werden können. Sie haben dann den drive nimmer. Heute noch stechen sie die alten aus und morgen sind sie selber alt. Zu guter letzt bleibt zu sagen, dass diese ständige wechslerei von jobs ganz enorm an den nerven zehrt. Man muss jedes mal ein neues soziales umfeld kennen lernen, wo man sich einordnet – wie man damit umgeht: auch muss man neue infrastrukturelle und organisatorische imponderabilitäten auf sich nehmen; man kann sie nicht ändern, denn ‚es wurde immer so gemacht’.
Einen neuen job mit neuem zeitplan internalisieren und umsetzen. Das abschiednehmen und verlieren einer alten sozialen sphäre ist auch extrem emotional belastend. Speziell, wenn diese wechsler zusehen müssen, wie andre vor ihnen schon da waren und ihre jobs gegensätzlich zu ihnen selbst auch weiterhin behalten. Sie aber sie die nomaden, die von einer wasserstelle zur andren ziehen. Sie finden in absehbarer zeit einfach keine oase mehr, da fehlt auch die kraft dazu. Daran denken die heutigen frohen bobo-jobhopper mitnichten. Und wehe, es erinnert sie wer dran. Erneut also werden sie sanft zum gründen gezwungen: mit irgendeiner lapidaren, verzweifelt aus den fingern gesogenen idee – um letztendlich in den privatkonkurs zu schlittern. Zumindest wurde selbiger den österreichern und rinnen kürzlich etwas erleichtert. Soviel zur theorie über das geglückte leben. Querverweis suche 41-